Ab- und Zufall

In unserem aktuellen Projekt befassen wir uns mit Abfällen der industrialisierten Gesellschaft. Im Zuge der zunehmenden Ressourcenverknappung erleben sie eine Metamorphose – vom Abfall hin zum Wertstoff.

Wir thematisieren diesen Prozess indem wir sie mittels Dokumentarfotografie zu komplexen Bildwelten zusammenfügen und zu singulären Kunstobjekten transformieren. Aus industriellen Massenprodukten, deren Entsorgung mittlerweile ein globales und existentielles Problem geworden ist, entstehen komplexe neue Bilderwelten.

Alle verbrauchen Material und auch jeder kreative Prozess – wie die Erstellung von Bildern – fördert den Verbrauch von Ressourcen und produziert neue synthetische Stoffe. Diesem Dilemma begegnet unsere Gesellschaft u.a. durch die Wiederaufbereitung der Abfälle, macht sie zu Wertstoffen. Trotzdem kommt es überall auf der Welt zu massenhaften Ansammlungen und Strudeln von Wertstoffen. Stoffe, die von den organischen Lebensformen nicht verdaut werden können und somit das ökologische System empfindlich stören.

Unser künstlerischer Ansatz besteht in der medialen Transformation bestehender Abfallstrukturen. Künstliche Berge, Verklumpungen, Sammlungen, Teppiche, Polymere. Im ästhetischen Sinne betrachten wir Abfälle als hochwertige Bild-Bausteine. Inhaltlich betrachten wir die in einer begrenzten Zeitspanne zu verarbeitenden und anfallenden Massen von Wertstoffen und die damit verbundenen hochdifferenzierten Recycling-Prozesse.

Die Daten unserer Bilder bestehen aus unzähligen unterschiedlichen, hochauflösenden und bearbeiteten Fotografien. Die Arbeitstitel, wie „Minuten- oder Stundenbild“, beinhalten die fiktionale Menge von Objekten, die in dieser Zeit verbraucht und verwertet werden. Die Zeit ist unsere logische Bild-Begrenzung. Gleichzeitig schafft der zeitliche Hinweis eine Relation zu den Dimensionen unseres Wertstoffaufkommens. Mit Abfällen und Wertstoffen könnte man die Welt mehrfach verpacken.

Wir stehen an einem Punkt, in dem es für unsere Zukunft entscheidend ist, den Wettlauf zwischen dem Wachstum von Müll und seiner Reduzierung und Wiedernutzbarmachung zu Gunsten des Letzteren umzukehren. Ein Zeitpunkt, den wir mit unserer Arbeit in Bildern, Installationen und Projektionen thematisieren und begleiten wollen.

Markus Jäger und ONUK Bernhard Schmitt,
Karlsruhe, Oktober 2012